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Epos Epischer Ort mit einer faszinierenden Geschichte

Global Player:

Das Bally-Imperium

Im Jahr 1810 läutet Peter Bally (1783-1849) die Industriegeschichte von Schönenwerd ein – mit der Produktion von Bändern und Elastikgewebe für Hosenträger. Zwei seiner Söhne führen nach seinem Tod die Bandweberei fort, die bis in die 1990er-Jahre Bänder und textile Etiketten fabriziert. Die Elastikweberei hingegen entwickelt sich unter der Führung von Carl Franz Bally (1821-1899) zu einer Schuhfabrik, aus der in wenigen Jahrzehnten ein weltweit tätiger Konzern wird. Bis 1976 bleibt das Imperium in Familienhand, dann verliert es seine Selbständigkeit. Im Jahr 2000 schliesst die Schuhproduktion in Schönenwerd ihre Tore. Doch Ballys Fabriken, Werkstätten, Arbeiterhäuser, Fabrikantenvillen und Parkanlagen prägen das Siedlungsbild von Schönenwerd bis heute.

Bänder, Schuhe, Häuser:

Die Bally-Chronologie
1810Beginn der Bally-Bänderproduktion in Schönenwerd
1851Gründung der Bally-Schuhfabrik in Schönenwerd
1868Bally baut die ersten Arbeiterwohnhäuser
1879Bally baut das erste Arbeiterkosthaus
1898Bau der Villa Bally-Marty nach Plänen von Karl Moser
1918Bau repräsentativer Bally-Angestelltenhäuser nach Plänen von Karl Moser
1919Eröffnung des grossen Kosthauses im Bally-Park nach Plänen von Karl Moser
1964Bau der neuen Bally-Herrenschuhfabrik
1977Bally verliert die Eigenständigkeit
2000Die Bally-Schuhproduktion in Schönenwerd endet
2021O.P.M. Invest kauft die Villa Bally-Marty
2023Baustart zur Neugestaltung der Villa Bally-Marty

Der Bally-Architekt:

Karl Moser

Der Aufstieg des Bally-Imperiums ist auch eine Geschichte seiner Bauwerke – und eng damit verknüpft ist die Arbeit des renommierten Architekten Karl Moser (1860-1936) aus Baden. Nach dem Architekturstudium an der ETH Zürich gründet Moser mit seinem deutschen Kollegen Robert Curjel das Architekturbüro Curjel & Moser in Karlsruhe. Moser ist kreativ, seine Arbeiten finden internationale Beachtung. Er ist für den Bau des Kunsthauses Zürich (1904 bis 1910), den Kuppelbau der Universität Zürich (1911 bis 1914) und den Badischen Bahnhof Basel (1910 bis 1913) verantwortlich. 1915 ernennt ihn die ETH Zürich zum ordentlichen Professor für Baukunst. Moser wird als Vater der Schweizer Architektur-Moderne gefeiert – und als Hausarchitekt von Bally, der für die Dynastie und das Unternehmen diverse Bauwerke entwirft. Dazu gehören die Villa Bally-Marty, repräsentative Angestelltenhäuser und das Kosthaus im Park.

Soziales Engagement:

Die Bally-Arbeiterhäuser

Zur Geschichte des Bally-Imperiums gehört nicht nur wirtschaftlicher Erfolg, sondern auch fortschrittliches soziales Engagement. Das Unternehmen gründet Kindergärten und Altersheime, baut eine grosse Parkanlage als Erholungsraum für die Arbeiterschaft und richtet eine Krankenversicherung für die wachsende Zahl der Angestellten ein. Ein Besuch der Weltausstellung in Paris gibt Firmen-Patron Carl Bally 1867 den Anstoss zum Bau von Arbeiterwohnhäusern in Schönenwerd. Die ersten zehn einfachen, eingeschossigen Einfamilienhäuser entstehen an der eigens dafür angelegten Hüsligasse. Später lässt Bally auch repräsentative Reihenmehrfamilienhäuser bauen – entworfen von Karl Moser, dem Architekten der Villa Bally-Marty.

Unternehmer-Schloss:

Die Villa Bally-Marty

Zum Bally-Imperium gehören Fabriken, Arbeiterhäuser, Lagerhallen, soziale Einrichtungen und der grosse Park. Dazu zählen aber auch die Residenzen der Bally-Dynastie wie die Villa Tannheim, die Villa Jurablick oder die Villa Clara – die heutige Alters- und Pflegeeinrichtung «Haus im Park». Die einstigen Herrenhäuser haben nach und nach ihre Funktion verloren und mussten modernen Überbauungen Platz machen. Mit einer Ausnahme: Das vom Architekten Karl Moser entworfene Wohnhaus von Arnold Bally-Marty auf dem Kreuzacker ist fast vollständig erhalten. Das annähernd quadratische Gebäude wurde 1898 fertiggestellt – im Zentrum eines grosszügigen Landschaftsgartens. Die Villa mit Eckturm und diversen Giebeln ist ein typisches Beispiel des Späthistorismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts: Sie bringt das bildungsbürgerliche Lebensgefühl einer erfolgreichen Fabrikantenfamilie zum Ausdruck. Das dreistöckige Wohnhaus mit unregelmässigen Grundrissen verfügt über 15 Zimmer, grosse Terrassen, einen Wintergarten und vier unterschiedlich gestaltete Fassaden mit variierenden Fenster- und Giebelformen. Im Erdgeschoss befinden sich repräsentative Wohnräume, im Obergeschoss die Schlafzimmer und im Dachgeschoss eine Bibliothek.

Fabrikant und Chronist:

Arnold Bally-Marty

Der erste Bauherr der Villa Bally-Marty auf dem Kreuzacker ist Arnold Bally-Marty (1861-1937), Sohn von Alexander Bally und Neffe des Schuh-Patrons Carl Franz Bally. Mit dessen Schuhfabrik hat der Neffe aber nur indirekt zu tun, denn Arnold Bally-Marty übernimmt die Bandweberei der Familie in Schönenwerd. Über seine Tätigkeit als Fabrikant wissen wir wenig. Aber wir verdanken ihm lebhafte Schilderungen des Dorflebens von Schönenwerd in den 1870er-Jahren, das er in seinen Memoiren aus den 1930er-Jahren schriftlich festhält: Schule, Jagd und Fischerei, der Brand des Ausserdorfes von 1862, die Verpflegung von Soldaten der geflüchteten Bourbaki-Armee im Februar 1871, Geschichten aus dem Stift Schönenwerd – die Erinnerungen von Arnold Bally-Marty zeichnen ein farbiges Porträt von Schönenwerd in der bewegten Epoche der Industrialisierung.

Geschichte schreiben:

Die Villa Bally-Marty im 21. Jahrhundert

Im Herbst 2021 hat die O.P.M. Invest AG die 125 Jahre alte Villa Bally-Marty an der Kreuzackerstrasse gekauft – im Bestreben, das historische Anwesen zu erhalten und mit dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld des modernen Schönenwerd zu verbinden. Denn in der Fabrikantenvilla lebt die Geschichte eines Imperiums weiter, geprägt von Unternehmergeist, architektonischem Gestaltungswillen, Geselligkeit und sozialem Engagement. Für diese historischen Werte soll die Residenz auch im 21. Jahrhundert stehen. Die O.P.M. Invest AG will deshalb als Bauherrin nicht nur das Anwesen bewahren, sondern auch seinen Geist – in der Bauweise ebenso wie in der Nutzung des Parks und der Gebäude.